„Völlig unbelastet und frei“ – Patricia Steinberger (SPD) will im Rathaus Politik für alle LandshuterInnen machen

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Patricia Steinberger: „Ich kandidiere, weil mir die Stadt und ihre Menschen am Herzen liegen.“   Foto:  Harry Zdera

Interview in der LZ vom 07. Oktober im Wortlaut:

 Frau Steinberger, fühlen Sie sich durch Ihren beruflichen Hintergrund als Betriebswirtin in der Lage, Führung zu übernehmen?

Patricia Steinberger: Ja sicher. Ich muss ja jetzt auch meine Frau stehen als Controllerin in einem Unternehmen mit rund 1400 Beschäftigten, da habe ich überhaupt keine Bedenken. Vorher war ich  in der Organisation einer Handwerkerinnung tätig.

Welchen Führungsstil wollen Sie an den Tag legen?

Ich bin ein sehr kooperativer und teamfähiger Mensch. Doch wenn es zu viel würde, würde ich schon eine Ansage machen. Es wird von einem Chef ja auch erwartet, dass er nicht nur als Weichspüler unterwegs ist.

Oberbürgermeister Hans Rampf hatte immer wieder Mühe, die Stadträte zu disziplinieren.

Da wäre ich konsequenter. Wenn es drei Minuten Redezeit gibt, dann sind es auch drei Minuten. Wichtiges gehört mit allen Pros und Contras ausdiskutiert. Aber irgendwann ist eine Debatte auch zu Ende.

Was wollen Sie im ersten Amts- jahr anpacken?

Projekte, die ich im Wahlkampf versprochen habe (städtische Wohnbaugesellschaft, Schulwegfreiheit) werde ich entscheidungsreif von der Verwaltung vorbereiten lassen. Die Sanierung der Straßenoberflächen, da gab es in den vergangenen Jahren einen Stillstand. Und die Erneuerungen von Markierungen der Tempo-30-Zonen, das wären Dinge, die man schnell und unbürokratisch erledigen kann.

Sie fordern, dass der städtische Haushalt dringend eine Frau brauche, die mal aufräumt. Auf was zielt Ihre Kritik ab?

Es geht um die Gewerbesteuereinnahmen: Es war abzusehen, dass gute Jahre kommen. Man hätte die Einnahmen deutlich besser ansetzen können, anstatt später groß Mehreinnahmen zu verkünden. Als Folge hätte man Investitionen ohne Schulden in Angriff nehmen können. Grundsätzlich würde ich mich beim Haushalt intensiv einlesen und kritisch an der einen oder anderen Stelle äußern. Ich möchte Käm- merer Rupert Aigner natürlich nicht bevormunden, aber das ist das Metier, aus dem ich komme.

Mit Annette Boll vom Amt für Finanzen hat Aigner eine Fachfrau an seiner Seite.

Ja, aber schauen Sie mal auf die Referentenbank: Die erste Reihe ist sehr männerlastig.

Das würden Sie als Oberbürgermeisterin ändern?

Im Laufe der nächsten zwei, drei Jahre geht ja der eine oder andere in den Ruhestand geht. Da würde ich darauf achten, dass bei gleicher Qualifikation auch Frauen zum Zuge kommen.

Sie haben gesagt, dass Ihr Vater Gerd Steinberger Ihnen nicht dreinrede im Wahlkampf. Aber ist es nicht so, dass er doch ein wenig die Rolle eines Übervaters einnimmt?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: Er war es, der mir am längsten und am meisten abgeraten hat.

Warum?

Er hat genügend Erfahrung in der Politik und weiß, wie anstrengend das ist.

Zu einem Ihrer wichtigsten Themen gehört der Wohnungsbau. Die Zusammensetzung im Stadtrat, der das Projekt abgelehnt hat, wird sich ja nicht ändern. Ist das Projekt damit nicht endgültig vom Tisch?

Nein. Ich bin davon überzeugt, dass man gemeinsam Lösungen finden kann. Natürlich bin ich als stellvertretende SPD-Vorsitzende für diese kommunale Wohnbauge- sellschaft. Aber als Oberbürgermeisterin bin ich ja für alle Bürger da, und da werde ich keine Parteipolitik machen. Das mit der Wohnungsbaugesellschaft ist vor allem deshalb ein Problem, weil es von den Roten gekommen ist.

Geht es nicht auch grundsätzlich um bezahlbaren Wohnraum?

Richtig. Es ist ein Imageproblem, dass man sagt: Wohnungsbaugesellschaft bedeutet automatisch sozialer Wohnungsbau. Sozialer Wohnungsbau ist dabei, aber es geht um die komplette Frage nach bezahlba- rem Wohnraum. Da ist das Gleichgewicht aus den Fugen geraten.

Wie soll das finanziert werden?

Die Stadt hat Grundstücke. Ich sage nur Ochsenau, diese konnten damals nahezu zum Nulltarif gekauft werden. Und durch langfristige Kredite zum momentan historisch niedrigen Zinsniveau.

Ob mit oder ohne Wohnungsbaugesellschaft: Wo sollen denn zusätzliche Wohnungen entstehen?

Nachverdichten ist möglich, aber nur maßvoll. Wir hatten die Idee, Parkplatzflächen zu überbauen, etwa den Aldi in Achdorf. Auch auf den ehemaligen und neuen Supermarkt an der Inneren Münchener Straße könnte man  Wohnungen über das Parkdeck setzen.

Aber dieses Konzept hat sich doch Kandidat Stefan Gruber auf die Fahnen der Grünen geschrieben.

Aber er hat es definitiv von uns abgekupfert. Warum nicht einen neuen Stadtteil in der Ochsenau schaffen? Doch dazu muss man die Infrastruktur ausbauen.

Das sagt CSU-Stadtratsfraktionschef Schnur auch immer.

Ich kann nicht Wohnraum schaffen, aber den Verkehr vernachlässigen. Es ist ja schön, wenn Preisenberg wächst – aber den Verkehr hat Achdorf in der Veldener Straße morgens früh um sieben. Da kann ich auch Wohnraum schaffen, wenn ich sage: Nach mir die Sintflut, das sollen die Landshuter machen.

Auch noch so gute Ideen müssen umgesetzt werden. Oberbürger- meister Hans Rampf hatte zumin- dest eine bürgerliche Mehrheit. Für Sie wird es schwieriger. Wie wollen Sie Mehrheiten organisieren?

Was heißt schwieriger – man ist ja Oberbürgermeister für alle. Es geht ums Wohl der ganzen Stadt und das aller Bürger. Ich hoffe da auf die Vernunft. Ich werbe ja auf meinem Plakat für alle, für Landshut.

Aber ist es wirklich so einfach?

Nein, es wird sicher schwierig am Anfang. Da wird auch der eine oder andere kommen und sagen, von ei- ner Frau lasse ich mir nichts sagen. Solche Erfahrungen habe ich ja auch im Wahlkampf schon gemacht. Ich muss als Frau doppelte Arbeit und Überzeugung bringen.

Sie gehören mit FDP-Konkurrent Alexander Putz zu den Kandidaten ohne Stadtratserfahrung. Das ist doch ein großer Nachteil.

Nein. Diese Neutralität ist wichtiger als verhärtete Fronten. Als stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende bin ich aber immer darüber informiert, was im Stadtrat diskutiert wird. Es ist eher von Vorteil, nicht dabeigewesen zu sein, um in Zukunft Sachpolitik zu machen.

Sie sind also unbelastet.

Völlig unbelastet und frei, und ich habe das notwendige Fingerspitzengefühl einer Frau.

Kommen wir zur B15 neu. Sie sind dafür, die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller dagegen. Ist das kein Problem für Sie?

Nein, gar nicht. Dass es da unterschiedliche Denken gibt, ist klar. Die Frau Müller spricht für Gemeinden, die anders betroffen sind, wenn Streckenführungen durch- oder vorbeigehen. In vielen Punkten sind wir uns einig, da halt nicht. Wir in der Stadt sehen die Notwendigkeit mehr denn je.

Was ist mit der Westtangente?

Die innere Westanbindung wäre die verträglichste Lösung gewesen. Die Situation ist nicht besser geworden, sondern schlechter. Die Bindung des Bürgerentscheids ist vorbei, ich würde deshalb für einen neuen Bürgerentscheid eintreten.

Im Wahlkampf wird oft viel versprochen. Wie halten Sie es mit unpopulären Maßnahmen? Trauen Sie sich zu, das offensiv zu vertreten?

Ja schon. Ich kann ja nicht immer Everybody’s Darling sein. Man ist ja dafür gewählt, dass man Entscheidungen trifft. Als Oberbürgermeisterin muss man Rückgrat haben, Entscheidungen, die nicht angenehm sind, auch umzusetzen.

Welche Bereiche könnten unangenehm werden?

Eine Prioritätenliste, also wann welche Investitionen getätigt werden, wird bei einzelnen zur Unzufriedenheit führen. Priorität haben Wohnraum, Infrastruktur und Bildungseinrichtungen. Es gibt aber auch angenehme Dinge. Meine Idee ist zum Beispiel – nichts Großes – ein Bewegungsparcours vom Eisstadion zum Isarspitz. Die Gemeinde Neufahrn hat das schon gemacht, da gibt es auch Zuschüsse vom Land. Es sind oft die Kleinigkeiten, die die Menschen zufriedenstellen.

Sprechen wir über das Thema Flüchtlinge.

Ich glaube, die oben haben sich leichtgetan, aber die Kommunen müssen es stemmen. Es war von Anfang an der Fehler, dass man jemanden, der Ängste geäußert hat, als rechts bezeichnete. Wenn jemand Ängste äußert, heißt das doch noch lange nicht, dass er was gegen die Menschen hat. Man muss hier alle Menschen mitnehmen. Die Menschen, die da sind, muss man integrieren.

Wie soll integriert werden?

Nicht, indem man die Menschen in große Unterkünfte steckt. Es wäre besser, sie in kleineren Einheiten unterzubringen. Ein Bildungskoordinator wäre eine gute Chance gewesen.

Wie soll der Umgang mit den Ge- flüchteten aussehen?

Grundsätzlich ist es so, dass ich mich in einem Land, in dem ich Gast bin, einbringen können muss. Wir haben etwa in Achdorf unbegleitete Jugendliche, die gehen in die Schule, sind freundlich und grüßen. Erwachsene müssten zumindest die Möglichkeit bekommen, sich mit Arbeiten in die Gesellschaft einzubringen. Dann hätten sie eine Aufgabe und wären zufriedener. Es ist ein schwieriges Thema.

Zum Schluss zum Thema Partei: Man könnte schon sagen, es ist mutig, für die SPD anzutreten, bei den Ergebnissen bisher.

Es ist Zeit, dies zu ändern. Es hängt nichts 100 Jahre auf einer Seite. Ich kandidiere, weil mir die Stadt und ihre Menschen am Herzen liegen.

Das Gespräch führten Siegfried Rüdenauer und Bernhard Beez