Ein Mann ist keine Altersvorsorge
Der Leiter der Friedrich- Ebert- Stiftung, Harald Zintl rechnete vor, dass einer niederbayerischen Rentnerin im Schnitt 501 Euro pro Monat zum Leben bleiben. Die Landtagsabgeordnete Ruth Müller, die auch zugleich stellvertretende frauenpolitische Sprecherin der BayernSPD- Landtagsfraktion ist, übernahm die Einleitung in den Abend. Dabei richtet sie den Blick nach Schweden, das die Notwendigkeit der individuellen finanziellen Absicherung und Eigenständigkeit von Mann und Frau frühzeitig erkannt und auch erfolgreich umgesetzt hat. „Dort arbeitet jeder für seine eigene Rente und Kindererziehungszeiten gelten auch im Beruf als Qualifikation für Beförderungen“, machte sie das gesellschaftliche Bild der Schweden deutlich.
Helma Sicks Vortrag basiert auf dem gemeinsam mit der ehemaligen Frauen- und Familienministerin Renate Schmidt (SPD) verfassten Buch „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“. Mit großer Leidenschaft und einem enormen Sympathiewert erläutert Sick die Notwendigkeit von finanzieller Unabhängigkeit für Frauen, gab Orientierungsbeispiele aus unseren Nachbarländern, betreibt allerdings auch Ursachenforschung in unserer Geschichte für das, auch heute noch oft – so scheint es – erstrebenswerte Lebensmodell der ausschließlichen Hausfrau und Mutter.
Besonders erschreckend ist die Feststellung aus einer Studie. Demnach wollen heute über 90 Prozent der Frauen finanziell unabhängig sein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ihnen enorm wichtig. Das Modell des alleinverdienenden Mannes hat scheinbar ausgedient. Scheinbar – denn gerade in letzter Zeit lässt sich auch bei jungen Frauen ein Rückzug ins häusliche Leben feststellen, die Arbeitswelt wird als rau, die Berufstätigkeit zusätzlich zur Kindererziehung als Belastung statt als Chance gesehen.
Dabei hat der Ausstieg aus dem Beruf lebenslange Auswirkungen. Eindrucksvoll schildert Helma Sick die Folgen von jahrelanger Tätigkeit in Minijobs (70 Euro Rente im Monat!), Angehörigenpflege die selbstverständlich der Frau überlassen wird, Tod des Ehegatten oder Scheidungen. Alles endet in Altersarmut wenn zuvor keine nötigen Vorkehrungen getroffen wurden. Auch die Kosten, die die Gesellschaft für das Leben einer Hausfrau zu tragen hat, rechnet sie anschaulich vor. Nachdem heutzutage jede dritte Ehe geschieden wird, jedoch auch immer mehr nichteheliche Lebensgemeinschaften wieder auseinandergehen, plädiert Sick dafür, bei aller Liebe auch den Verstand nicht auszuschalten. Auf die Äußerung, ein Vertrag passe nicht zur Liebe entgegnet sie gerne: „Liebe Frauen, seid lieber jetzt unromantisch als später arm!“
Neben einem Umdenken von Politik und Wirtschaft fordert Helma Sick jedoch auch von den Frauen selbst, sich nicht nur zu beschweren, sondern selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sich etwas ändert. „Jammern stabilisiert das System, denn dadurch ändert sich gar nichts. Wer heute den Kopf in den Sand steckt, knirscht morgen mit den Zähnen,“ schloss Sick ihren Vortrag.